Mietrecht

Ende der Schriftform

01. November 2024

Nachdem der Bundesrat am 18.10.24 zugestimmt hat, wird das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) am 01.01.2025 inkrafttreten, in dessen Zuge die Schriftform bei langfristigen Mietverträgen durch die Textform (§ 126b BGB) ersetzt wird.

Und nun?

Aktuelle Rechtslage (2024)

Gemäß §§ 550, 126 BGB i.V.m. § 578 II BGB bedarf ein Mietvertrag, der für längere Zeit als ein Jahr geschlossen wird, der schriftlichen Form. Andernfalls gilt er für unbestimmte Zeit und kann frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung der Mietsache mit gesetzlicher Frist gekündigt werden.

Auf diesem Wege können sich scheinbar langfristig gebundenen Vertragsparteien ohne Kündigungsbegründung eines langfristigen Mietvertrages entledigen.

Gründe für Schriftformmängel sind mannigfaltig und schwer zu überblicken. Insofern hat sich – untypisch für das deutsche Recht – eine Art „Case law“ herausgebildet.

Dabei ist die Schriftform, neben den Schönheitsreparaturen, das Thema, das die Mietrechtsprechung und Literatur seit Beginn des Jahrtausends am meisten beschäftigt hat. So hat es im Zeitraum 2001 – 2018 allein ca. 30 Revisionsentscheidungen des BGH zur Schriftform gegeben. Zuletzt ist es zu diesem Thema freilich etwas ruhiger geworden.

Veränderungen aufgrund des Gesetzentwurfs

Wie erwähnt soll, kurz zusammengefasst, die Schriftform im Gewerberaummietrecht durch die Textform ersetzt werden.

Was bedeutet die Textform nun?

Zur Wahrung der Textform sind folgende Voraussetzungen erforderlich:

• Eine lesbare Erklärung (z.B. auf Papier oder einem Bildschirm)
• Die Person des Erklärenden muss genannt sein, z.B. durch Namensnennung. Bei juristischen Personen genügt deren Benennung, die Benennung des Verfassers (einer natürlichen Person) ist nicht erforderlich.
• Die Erklärung ist auf einem dauerhaften Datenträger abzugeben. Papier ist nicht erforderlich; stattdessen ist eine elektronische Übermittlung (z.B. Email oder SMS) ausreichend.
• Die Kenntlichmachung des Textendes

Bestehende Schriftformmängel können noch innerhalb einer Übergangsfrist von einem Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes, also bis zum 31.12.2025, geltend gemacht werden.

Aussichten

Problematisch ist die Gesetzesänderung insbesondere für Immobilienerwerber, die gem. § 566 BGB automatisch in bestehende Mietverträge eintreten. Wie soll etwa ein Erwerber hinreichend und sicher auf Basis einer WhatsApp-Korrespondenz der Vertragsparteien über die Miethöhe und die Vertragsdauer informiert werden? Dabei potenziert sich das Problem logischerweise bei mehrfachen Verkäufen einer Immobilie. Natürlich sind kaufvertragliche Garantien o.ä. denkbar. Indes führt dies letztlich unweigerlich zu immer mehr unüberschaubaren Problemen bei Transaktionen.

Weitere Ungewissheiten seien nur stichwortartig skizziert:

• Welche Bedeutung sollen zukünftig Schriftformklauseln aus Altmietverträge haben?
• Wie soll in einem Nachtrag auf das bisherige Vertragswerk verwiesen werden?
• Muss der gesamte Vertragstext (z.B.) aus einer WhatsApp-Nachricht ersichtlich sein oder genügt eine aus mehreren Nachrichten bestehende Korrespondenz?
• Wie soll eine Bezugnahme auf Vertragsanlagen (z.B. Pläne) erfolgen?
• Welchen Einfluss haben vor dem 31.12.2025 geschlossene Nachträge auf die Übergangsfrist?

Nach meiner Einschätzung führt die Gesetzesänderung zu einem Pyrrhussieg. Die zweifellos manchmal etwas sperrige Schriftform wird durch die Textform ersetzt, die absehbar für viele Jahre erheblicher Rechtsunsicherheit sorgen wird.

Lösungsansatz

Eine Lösung könnte sein, zukünftig in Mietverträgen die Schriftform, als gegenüber der Textform strengere Form, ausdrücklich zu vereinbaren. Denkbar wäre etwa folgende Formulierung:

„Die Parteien vereinbaren für diesen Vertrag die gesetzliche Schriftform gem. §§ 550, 126 BGB. § 125 S. 2 BGB findet keine Anwendung.“
Natürlich bleibt weiterhin eine saubere Dokumentation von Verträgen unabdingbar. Aber immerhin könnenauf diese Weise hoffentlich einige Unwägbarkeiten vermieden werden.

Mit der Verwendung des generischen Maskulinums sind zur sprachlichen Vereinfachung und besseren Lesbarkeit stets Personen oder Personengruppen aller Geschlechter (männlich, weiblich und divers) gemeint.

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