Mietrecht

Kautionsabrechnung und Verjährung

12. August 2024

Zweck der Mietsicherheit ist es, den Vermieter für die Erfüllung der Pflichten des Mieters abzusichern. Die am weitesten verbreiteten Arten der Mietsicherheit sind die Barkaution und die Mietbürgschaft. Zu den besicherten Ansprüchen zählen vorrangig Mietzahlungsansprüche (nebst Nachforderungen aus Betriebskostenabrechnungen) und Ansprüche wegen der Verschlechterung der Mietsache (insbes. Beschädigungen der Mietsache und unterlassene Schönheitsreparaturen).

Sofern der Vermieter die Mietsicherheit nach Mietvertragsende in Anspruch nehmen will, erfolgt das – bei Barkationen – durch eine Aufrechnung mit eigenen Ansprüchen gegenüber dem Anspruch des Mieters auf Rückerstattung der Kaution. Vereinfacht: Der Mieter verlangt seine Barkaution zurück, und der Vermieter zieht von der Barkaution eigene Forderungen ab, so dass der Mieter nur einen Teilbetrag der Barkaution zurückerhält.

Natürlich muss der Vermieter dabei beachten, dass Ansprüche wegen der Verschlechterung der Mietsache gem. § 548 I 1 BGB in 6 Monaten verjähren.

Zur Aufrechnungsmöglichkeit bei verjährten Mangelbeseitigungsansprüchen hat der BGH nunmehr eine richtungsweisende Entscheidung getroffen (Urteil vom 10.07.24 – VIII ZR 184/23).

Der Fall

Das Wohnraummietverhältnis zwischen den Parteien endete am 08.11.2019. Der Mieter verlangt die Rückzahlung seiner Barkaution in Höhe von € 780,00. Der Vermieter rechnet am 20.05.2020 über die Kaution ab und erklärt die Aufrechnung mit – streitigen – Schadensersatzansprüchen wegen Beschädigung der Mietsache in Höhe von € 1.175,00.

Der Mieter rügt u.a. die Verjährung der vermieterseitigen Ansprüche und weist darauf hin, dass sein Kautionsrückzahlungsanspruch (auf Geld) und der Schadensersatzanspruch des Vermieters auf Schadensbeseitigung nicht gleichartig seien und deshalb eine Aufrechnung nicht möglich sei.

Das Amtsgericht Erlangen und das Landgericht Nürnberg-Fürth verurteilen den Vermieter zur Rückzahlung der Barkaution, da die Ansprüche des Vermieters verjährt seien und eine Aufrechnung mangels Gleichartigkeit der Forderungen nicht möglich gewesen sei.

Die BGH-Entscheidung

Der BGH gibt dem Vermieter recht.

Grundsätzlich war die Forderung des Vermieters am 20.05.2020 (d.h. 6 Monate und 12 Tage nach Mietvertragsende) gem. § 548 I 1 BGB verjährt.

Allerdings sieht § 215 BGB vor, dass eine Verjährung dann nicht anzunehmen sei, wenn die Forderung des Aufrechnenden zu dem Zeitpunkt, in dem erstmals habe aufgerechnet werden können, noch nicht verjährt gewesen sei. In der Tat standen sich die Forderungen bereits in unverjährter Zeit, d.h. vor dem 08.05.2020, gegenüber.

Entgegen der Berufungsinstanz ist der BGH der Auffassung, dass vor dem 08.05.2020 auch eine Aufrechnungslage bestanden hätte. Zwar ist gem. § 387 BGB für eine Aufrechnungslage erforderlich, dass die Forderungen gleichartig sind (z.B. zwei Geldforderungen), obwohl es sich aber im vorliegenden Falle um eine Geldforderung (Rückzahlung der Barkaution) und einen Anspruch auf Naturalrestitution (Schadensbeseitigung) handele, sei zu berücksichtigen, dass es – nach Auffassung des BGH – Sinn und Zweck einer Barkaution sei, Ansprüche des Vermieters durch Aufrechnung gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch zu befriedigen. Auf die Gleichartigkeit der Forderungen komme es insofern nicht an.

Fazit

Die Entscheidung überrascht, da nach Auffassung des Verfassers ein gesetzlicher Grundsatz (Aufrechnung ist nur mit gleichartigen Forderungen möglich) gegenüber dem mutmaßlichen Interesse der Parteien (oder auch nur des Vermieters?) zurücktreten muss.

Überdies dürften Probleme bei der Bewertung des Schadensersatzanspruchs auftreten, denn dessen Umfang wird nicht in allen Fällen bekannt oder gar unstreitig sein. Ansonsten hätte der Vermieter ja einfach auf einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz umstellen und so problemlos die Gleichartigkeit der Forderungen herbeiführen können.

Schließlich relativiert der BGH die von ihm vielfach hervorgehobene wesentlichen Bedeutung des § 548 I 1 BGB, dass dieser nämlich einer schnellen Abwicklung von Mietverhältnissen diene.

Dennoch wird die Entscheidung viele Vermieter erfreuen, da diese Zeit für die Geltendmachung Ihrer Ansprüche gewinnen und nicht bis zum Ablauf der 6-monatigen Verjährungsfrist den Rechtsweg beschreiten müssen, um die Verjährung zu hemmen.

Unabhängig davon gibt es aktuell keine Anzeichen, dass die Sichtweise des BGH auch bei anderen Formen der Mietsicherheit, wie etwa einer Bürgschaft, anwendbar sein könnte, da die unterstellte Interessenlage (nur) für die Barkautionsabrede gelten soll.

Mit der Verwendung des generischen Maskulinums sind zur sprachlichen Vereinfachung und besseren Lesbarkeit stets Personen oder Personengruppen aller Geschlechter (männlich, weiblich und divers) gemeint.

Source

Bundesgerichtshof, 10.07.2024, VIII ZR 184/23

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