Luftverkehrsrecht

Zur Rechtmäßigkeit der Gebührenbescheide des Auswärtigen Amtes für die Corona-Rückholaktion

15. Februar 2021

Es war eine historisch einmalige Aktion: im März 2020 wurden aufgrund der Corona-Pandemie binnen kürzester Zeit Grenzen geschlossen und Flugverbindungen über Nacht gekappt. Im Anschluss waren beispiellose nationalstaatliche Alleingänge und eine Welt zu beobachten, die binnen Wochen so abgeschottet war wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Eine Viertelmillion deutscher Staatsbürger und ihre Angehörigen strandeten über die ganze Welt verteilt und wollten bzw. mussten nach Deutschland zurückkehren.

Insbesondere für Touristen, die nicht vom Reiseveranstalter pflichtgemäß zurück nach Deutschland befördert wurden, hat das Auswärtige Amt die größte Rückholaktion aller Zeiten ausgerufen und etablierte eine „Luftbrücke“. Im Rahmen dieser wurden bis Ende April alledeutschen Staatsbürger und Angehörige aus dem Ausland, die darum gebeten hatten, in die Bundesrepublik zurückgebracht – davon allein ca. 66.000 in gecharterten Maschinen des Auswärtigen Amtes.  Die Kosten der sogenannten „Corona-Rückholaktion“ belaufen sich nach übereinstimmenden Medienberichten auf über 90 Millionen Euro.

Seit Sommer 2020 ist das Auswärtige Amt nun mit der Geltendmachung der Kosten der Rückholaktion bei den betroffenen Reisenden beschäftigt und verschickte bereits tausendeKostenbescheide, deren Rechtmäßigkeit allerdings zumindest fragwürdig erscheint.

So ist zumindest umstritten, ob die Corona-Pandemie wegen ihres überregionalen Charakters mit den Beispielen aus § 6 Abs. 1 des Konsulargesetzes vergleichbar ist – diese Norm bildet zusammen mit weiteren die vom Auswärtigen Amt herangezogene Erstattungsgrundlage. Dazu kommt, dass die Verbringung nach Deutschland an sich nicht pauschal als erforderlich dargestellt werden kann, da Deutschland insbesondere zu Beginn der Corona-Rettungsaktion stärker vom Coronavirus betroffen war als viele andere Länder der Welt, aus denen Reisende ausgeflogen wurden.

Darüber hinaus bleibt die Frage der Kostentragung, da sich das Auswärtige Amt dafür entschieden hat, eine Kostenpauschale gestaffelt nach Ländergruppen zu nutzen (die Pauschalbeträge betragen je nach Ausgangsort der Repatriierung 200, 500, 600 oder 1000,- € je Passagier), die sich am durchschnittlichen Preis eines Economy-Class-Tickets für einen entsprechenden Flug orientieren sollten. Doch hier wird es erneut problematisch: dem Wortlaut nach verpflichtet die oben genannte Erstattungsgrundlage den Hilfeempfänger lediglich zum Ersatz der konkreten Auslagen, eine Kostenpauschale ist hingegen schlicht nicht vorgesehen. Dass das Auswärtige Amt sein (im Verwaltungsrecht vorgeschriebenes) Ermessen fehlerfrei ausübt, indem es knapp 66.000 Fälle in einer Pauschale erfasst und damit „über einen Kamm schert“, ist mehr als zweifelhaft. Schließlich entsprechen die Pauschalen zumindest in bereits diversen geprüften Einzelfällen eben nicht den Preisen eines Economy-Class-Tickets für den betroffenen Flug. Das vom Auswärtigen Amt angeführte Argument, mit der „Pauschalen-Lösung“ Bürokratie vermeiden zu wollen, ist unzureichend, um eine so drastische Erschwerung der Rechtsschutzmöglichkeiten für Betroffene zu rechtfertigen – gerade auch, weil die einzig statthafte Rechtsschutzmöglichkeit die Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin ist. Sofern das Auswärtige Amt der Ansicht ist, die gewählte Lösung fördere Transparenz, konterkariert es sich selbst, da diese „Pauschalen-Lösung“ gerade ungeeignet ist, rechtsstaatlichen Transparenz- und Begründungspflichten nachzukommen.

Regulär rechtsschutzversicherte Reisende dürften zumindest erleichtert sein, dass nach der Klausel 2.2.5 der geläufigen Versicherungsbedingungen (etwa ARB 2019) der „Steuer-Rechtsschutz“ ausdrücklich Teil des Versicherungsinhalts ist und die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in steuer- und abgabenrechtlichen Angelegenheiten vor deutschen Finanz- und Verwaltungsgerichten umfasst – womit auch ein Vorgehen gegen die Gebührenbescheide des Auswärtigen Amtes für die Repatriierungsflüge versichert sein dürfte. Zu beachten ist aber der Zeitpunkt des Versicherungsfalls: der Versicherungsnehmer muss bereits im Zeitpunkt der Rückbeförderung versichert gewesen sein.

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