Mietrecht
28. März 2023
Das Wirtschaftlichkeitsgebot ist ein wichtiger Grundsatz im Betriebskostenrecht. Es besagt, dass nur solche Kosten umgelegt werden dürfen, die bei gewissenhafter Abwägung aller Umstände und bei ordentlicher Geschäftsführung gerechtfertigt sind (§ 20 I 2 NMV, § 24 II NMV). Nunmehr hat der BGH nochmals klargestellt, dass das Wirtschaftlichkeitsgebot grundsätzlich nicht greift, wenn der betreffende Dienstleistungsvertrag bereits vor Mietvertragsabschluss abgeschlossen wurde (Urteil vom 25.01.2023 – VIII ZR 230/21).
Der Fall
Der Wohnungsvermieter hat im Jahr 2010 mit einem Dienstleister einen Vertrag über die Erbringung von Leistungen im Rahmen eines sogenannten Müllmanagementsystems geschlossen, welches unter anderem die Nachsortierung des Abfalls (insbesondere die Aussortierung von mit dem „grünen Punkt“ versehenem Abfall), den Betrieb eines die Restabfallmenge pro Haushalt erfassenden Chipsystems, die Reinigung der Mülltonnenstandplätze und die Entfernung von Beistellungen umfasste.
Zu einem späteren Zeitpunkt mietet der Kläger eine Wohnung im Objekt. Der Mietvertrag enthält die Regelung, dass die Kosten der Abfallentsorgung im Rahmen der Betriebskostenabrechnung auf die Mieter umgelegt werden dürfen. Für das Jahr 2016 sind insgesamt Abfallentsorgungskosten in Höhe von € 2.452,92 angefallen, wovon € 736,84 auf das Müllmanagementsystem entfallen und vom Vermieter im Rahmen der Betriebskostenabrechnung umgelegt werden.
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Kosten für das Müllmanagementsystem nicht auf ihn umgelegt werden dürfen.
Amts- und Landgericht haben dem klagenden Mieter Recht gegeben.
Die BGH-Entscheidung
Der BGH hebt das Urteil des Landgerichts auf.
Zwar habe das Landgericht zutreffend erkannt, dass den Vermieter bei der Veranlassung von Betriebskosten die vertragliche Nebenpflicht treffe, auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis Rücksicht zu nehmen, insofern also der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz gem. § 556 III 1 Halbs. 2. BGB zu beachten sei. Dabei seien allerdings im vorliegenden Fall bereits keine Feststellungen getroffen worden, dass der Vermieter nicht hinreichend auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis bei den Kosten für das Müllmanagementsystem Rücksicht genommen hätte.
Entscheidend sei jedoch: Wenn ein die Betriebskosten auslösender Dienstleistungsvertrag – wie hier – bereits vor Abschluss des Wohnraummietvertrags geschlossen wurde, konnte zu jenem (früheren) Zeitpunkt noch keine Verpflichtung zur Vermeidung überhöhter Kosten gegenüber dem Mieter bestehen. Dies ist erst möglich, wenn, im Falle eines nicht angemessenen Kosten-Nutzen-Verhältnisses, „eine Korrektur der zu überhöhten Kosten führenden Maßnahme während des Mietverhältnisses – beispielsweise durch Kündigung eines Vertrages mit ungünstigen Bedingungen – möglich und wirtschaftlich zumutbar gewesen wäre und der Vermieter diese Möglichkeit nicht ergriffen hat.“
Fazit
Die Kosten eines Müllmanagementsystems sind grundsätzlich umlagefähige Betriebskosten im Sinne des § 2 Nr. 8 BetrKV. Ob die Umlage der Kosten eines Müllmanagementsystems gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstößt, ist anhand des konkreten Einzelfalls zu beurteilen.
Betriebskosten, die bereits vor Mietvertragsabschluss entstanden sind, können für den betreffenden Mieter keinen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot begründen. Das ist erst möglich, wenn der Vermieter es während des Mietverhältnisses versäumt, in zumutbarer Weise eine Kostenreduzierung – z.B. durch Abschluss eines neuen günstigeren Vertrages – herbeizuführen.
Nach Auffassung des Verfassers liegt es nahe, dass die vorstehende zum Wohnraummietrecht ergangene Entscheidung auch auf das Gewerberaummietrecht anwendbar ist.
Mit der Verwendung des generischen Maskulinums sind zur sprachlichen Vereinfachung und besseren Lesbarkeit stets Personen oder Personengruppen aller Geschlechter (männlich, weiblich und divers) gemeint.
Source
Bundesgerichtshof, 25.01.2023, VIII ZR 230/21