Luftverkehrsrecht

EuGH beschäftigt sich nicht mehr mit dem Fluggastrecht

11. Oktober 2024

1988 wurde das Europäische Gericht (EuG) ins Leben gerufen, um den EuGH zu entlasten. Dieser diente vor allem als erste Instanz für Klagen von Einzelpersonen und von Mitgliedstaaten gegen die Kommission. Nun, knapp 40 Jahre später, übernimmt der EuG einige Themengebiete vom EuGH, um diesen ein weiteres Mal zu entlasten. Seit dem 01. September 2024 entscheidet nicht mehr der EuGH, sondern der EuG über Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV zur Verordnung 261/2004. Auch andere Gebiete wie das gemeinsame Mehrwehrtsteuersystem, Zollkodex, Verbrauchersteuer, Ausgleichsleistungen für Fahrgäste und das System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten sind von der Änderung betroffen.

Hierzu wurde nicht nur Art. 256 AEUV mit einem neuen Absatz 3 versehen, sondern auch Art. 50 b) in die Satzung der Europäischen Gerichte eingefügt. Dabei ist für die Praxis festzuhalten, dass Vorlagefragen weiterhin an den EuGH durch nationale Gerichte adressiert werden. Dieser prüft sodann, ob das Ersuchen ausschließlich das Gebiet der Verordnung 261/2004 umfasst, in diesem Fall würde das Gesuch an den EuG weitergeleitet, oder ob eine Grundsatzentscheidung ergehen muss. Eine Rückverweisung an den EuGH ist nicht vorgesehen. An der Gültigkeit bisheriger Entscheidungen des EuGH ändert die neue Entwicklung nichts, denn diese bleiben als Leitpfeiler für künftige Verfahren vor dem EuG bestehen. Ein neues Gericht bietet für die Aviationbranche allerdings auch die Chance, dass die neuen Richtern Fragen zum Fluggastrecht ab sofort aus einem neuen Blickwinkel und möglicherweise airlinefreundlicher entscheiden.

Die Zuständigkeit wurde vor allem geändert, da mit der stetigen Erweiterung der EU in den letzten 20 Jahren die Anzahl der Vorabentscheidungsgesuche von nationalen Gerichten auf 67,7% gestiegen ist, von denen die betreffenden Themengebiete rund 24% ausmachen. Dies führte zu einer immer längeren Bearbeitungszeit des EuGH, die zuletzt bei 17 Monaten lag.

Beim EuG wurde angesichts der neuen Aufgaben das Personal aufgestockt. Mit Vorlagefragen zu 261/2004 beschäftigen sich grundsätzlich die kleinen Kammern mit fünf Richtern. Es bleibt abzuwarten, ob die Verteilung der Vorlagen insofern erfolgt, dass Kammern speziell für das Fluggastrecht zuständig sind.

Diese Entwicklung ist sehr positiv zu bewerten, da sich gerichtliche Verfahren nicht mehr massiv in die Länge ziehen und sich die Rechtsprechung im bestehenden Rahmen airlinefreundlicher gestalten könnte.

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