Mietrecht
15. Februar 2021
Im Zuge der Corona-Krise mussten viele Gewerbetreibende aufgrund des staatlich angeordneten Lockdowns ihre Ladenlokale schließen. Es liegt auf der Hand, dass diese Mieter eine Reduzierung ihrer Miete anstreben. Naturgemäß versuchen Vermieter, sich dagegen zu wehren. Die bisherige Rechtsprechung ist einzelfallabhängig und uneinheitlich. Der Gesetzgeber hat nun hierauf reagiert.
Am 01. Januar 2021 ist Artikel 240 § 7 EGBGB „Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen“ (BGBl 2020 Teil I Nr. 67) in Kraft getreten.
Danach wird vermutet, dass immer dann ein Umstand nach § 313 Absatz 1 BGB vorliegt, der zur Vertragsanpassung berechtigt, wenn vermietete Gewerbeimmobilien aufgrund staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19 Maßnahmen nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung nutzbar sind.
Nachdem die bislang vorliegenden erstinstanzlichen Entscheidungen zu diesem Themenkreis mit unterschiedlichen Begründungen überwiegend eine Anpassung der Miete abgelehnt haben, hat der Gesetzgeber nun zumindest im Hinblick auf die prozessuale Ausgangssituation der Parteien Klarheit geschaffen: Bei Lockdown-bedingten Schließungen oder erheblichen Nutzungseinschränkungen von Gewerbebetrieben besteht nunmehr im ersten Schritt eine gesetzliche Vermutung für die Annahme, dass sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, nach Vertragsschluss durch die Pandemie schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Es wird also immer zunächst vermutet, dass der Regelungsbereich des § 313 Absatz 1 BGB eröffnet ist. Sodann obliegt es dem Vermieter,diese Vermutung vor Gericht zu widerlegen.
Folge ist natürlich nicht, dass für die Zeit eines Lockdowns keine Miete mehr entrichtet werden muss. Vielmehr kann der Mieter lediglich eine im Hinblick auf seine wirtschaftliche Beeinträchtigung angemessene Vertragsanpassung verlangen. Wie diese aussieht, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zu klären, wobei natürlich auch die wirtschaftlichen Belange des Vermieters zu beachten sind. Indes wird in vielen Fällen eine Halbierung der Miete nicht unangemessen sein, so dass sich die Parteien im Regelfall wohl„den Schmerz teilen“ müssen.
Im Ergebnis sei allen Mietvertragspartnern angeraten, eine einvernehmliche außergerichtliche Lösung anzustreben. Denn auch die gesetzliche Neuregelung birgt noch Unwägbarkeiten. So lässt sich eine Rückwirkung des Gesetzes auf Sachverhalte vor dem 01. Januar 2021 (namentlich für den sog. ersten Lockdown im Frühjahr 2020) jedenfalls aus dem Gesetzeswortlaut nicht entnehmen. Für den Vermieter wird es außerdem im Prozess meistschwierig werden, insbesondere den mieterseits behaupteten Umfang seiner wirtschaftlichen Beeinträchtigung zu widerlegen.
Fazit: Artikel 240 § 7 EGBGB ist ein Schritt in die richtige Richtung. Welchen konkreten Einfluss diese Regelung auf den Einzelfall hat, ist individuell zu beurteilen.